Blut-Soforttest im Hosentaschen-Format
Berliner Start-up für den 1A-Award nominiert.
Jede deutsche Hausarztpraxis verordnet jährlich ca. 400 Tagesdosen Antibiotika. 30–50 % davon besitzen möglicherweise keine wirkliche medizinische Grundlage. Ein kleiner Blutselbsttest für Patienten könnte bei der Diagnostik helfen – Blutentnahme und Testen auf Knopfdruck.
Das Start-up midge medical aus Berlin hat ein miniaturisiertes, mobiles Labor für Bluttests entwickelt. Blutentnahme, Probenaufbereitung und Teststreifen sind in einem Device integriert, das mit seinem Durchmesser von zwei Zentimetern zwischen Daumen und Zeigefinger passt. Ein Druck auf den Knopf aktiviert eine Mikro-Lanzette, welche die Haut punktiert und wenige Tropfen Blut in das Device aufnimmt. Im Inneren wird das Blut automatisch aufbereitet und auf einen Teststreifen geleitet. Eine Kontrollmarkierung zeigt an, ob der Test ordnungsgemäß verlief. Das Ergebnis kann man anschließend per Smartphone-App auslesen und die Werte zur Diagnosestellung an (tele-)medizinisch behandelndes Fachpersonal übermitteln. „So können die gesuchten Blutwerte oder Biomarker vom Patienten zu Hause, in der Arztpraxis oder in der Apotheke schnell und kostengünstig ermittelt werden“, erklärt Geschäftsführer Dr. Markus Riester.
Das Verfahren basiert auf Lateral Flow Assays (LFA), einer etablierten Methode zur Ermittlung von Biomarkern und Blutwerten. Sie ist ins Produkt integriert und mit eigens entwickelter Mikrofluidik und Lanzetten-Technologie kombiniert. Das aktuelle Einsatzgebiet: ein CRP-Test. „Mittel- und langfristig wollen wir damit auch Verdachtsdiagnosen wie Lungenembolie, Thrombosen oder Herzinfarkt prüfen, Infektionskrankheiten wie Malaria, HIV und Ebola testen sowie Selbsttests für gängige Blutparameter für Patienten anbieten“, erklärt Dr. Riester.
Ein weiterer Vorteil: man kann das Produkt sehr flexibel einsetzen. Beim Patienten vor Ort, in der Arztpraxis oder der Apotheke. Im Vergleich zu herkömmlichen Bluttests mit bis zu sieben Einzelteilen und kompliziertem Handling ist das All-in-one-System deutlich innovativer. „Es ist einfach in der Anwendung, auch für Laien“, sagt der Geschäftsführer, „außerdem ein steriles Einwegprodukt, das man ohne zusätzlich anzuschaffende externe Lesegeräte nutzen kann.“ Mit einem schnellen und sicheren digitalen Ergebnis stellt es eine ideale Anwendung für digitale Versorgungsmodelle dar.
Einen Prototypen gibt es bereits, im nächsten Schritt folgt die Serienfertigung und Zulassung. „Das Feedback auf unser mobiles Minilabor ist sehr gut“, so Dr. Riester, „es gibt schon konkrete Anfragen für den Einsatz in der Praxis“.
Der Nominierte
Dr. Markus Riester (CEO) wird stellvertretend für das Berliner Start-up midge medical für den 1A-Award nominiert. Zuvor war er zehn Jahre Business-, Strategie- und Technologieberater mit dem Schwerpunkt Elektronikfertigung. Der Diplomingenieur und promovierte Chemiker hält über elf Patente und hat mehr als 30 Publikationen veröffentlicht. Dr. Riester ist regelmäßig Gutachter für die Europäische Kommission und die Fraunhofer Gesellschaft, war Mitglied mehrerer Aufsichtsräte von F&E-Firmen und hat zwei Preise für Technologische Innovation und Entrepreneurship erhalten.
Fotos: fotolia/midge medical