Echte Vorbilder im Gesundheitswesen – wer gewinnt in diesem Jahr?

Auch in diesem Jahr gibt es neben dem regulären 1A-Award den Sonderpreis „Courage“ – für echte Vorbilder im Gesundheitswesen. Eine unabhängige Jury kürt im Juni den diesjährigen Gewinner. Das sind die vier Nominierten der Kategorie „Apotheke“:

Dr. R. v. Dellingshausen

… ist kein Apotheker und hat doch über die letzten Jahrzehnte mehr für die Apotheker vor Ort erreicht als so mancher approbierte Pharmazeut. Er gilt nicht nur in Westfalen-Lippe als „lebende Geschäftsführer-Legende“ – und konnte in diesem Jahr seinen 80. Geburtstag feiern.

Was für eine Vita: Er war 33 Jahre lang Geschäftsführer des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe (AVWL), hat PTA-Fachschulen gerettet, als Kommunen die Trägerschaft aufgeben mussten. Sein Fokus war immer, die Apotheken vor Ort zu stärken – „wir brauchen ein flächendeckendes Versorgungsnetz“. „Ohne seinen jahrzehntelangen Einsatz bekämen wir den Fachkräftemangel noch härter zu spüren“, sagt Thomas Rochell, aktueller AVWL-Vorsitzender.

Auch nach seinem Ausscheiden als AVWL-Chef hat er mit 68 Jahren noch einmal Verantwortung übernommen: Als Geschäftsführer des Bundesverbandes der Versorgungsapotheker (BVVA) und des Verbandes der Zytostatika herstellenden Apothekerinnen und Apotheker (VZA). Der AVWL hat ihn 2015 zum Ehrenmitglied ernannt. Als ersten Nicht-Apotheker, darauf ist er stolz. Dr. Rötger von Dellingshausen – ein Überzeugungstäter im besten Sinne.

Thomas Benkert

…ist Präsident des Vereins „Apotheker helfen“ – eine von Apothekern getragene, weltweit tätige gemeinnützige Nichtregierungsorganisation (NGO) mit Sitz in München. Sie verfolgt das Ziel, die Gesundheitsversorgung von hilfsbedürftigen Menschen zu verbessern. Aktuell engagiert sie sich besonders stark für die Menschen in der Ukraine.

Beispiel: Dank Spenden konnte der Verein dem Dzherelo Rehabilitations-Zentrum in Lwiw, das auf die Behandlung von Kindern mit neurologischen Erkrankungen spezialisiert ist, die dringend benötigten Antiepileptika und weitere Medikamente schnell zur Verfügung stellen.

„Apotheker helfen“ kooperiert mit den Experten von LandsAid. Transporte unterstützen der Verein mit Medikamenten, Verbandsmaterial und Infusionen. Medizinische Güter sollen an der Grenze auf ukrainische Transporter umgeladen werden, die sie dorthin bringen, wo der Bedarf am größten ist.

In Radymno konnten die Einsatzkräfte ein ehemaliges Hotel als Übergangslager für Geflüchteten ausstatten, um ihre Erstversorgung zu gewährleisten. Dort kommen täglich bis 3000 Menschen an, vor allem Frauen, Kinder und Senioren.

Linda Reeves

…leitet eine Apotheke in der Altstadt von Ahrweiler, einem Weinstädtchen in Rheinland-Pfalz. Ein ganz besonderer Schatz, aufwendig im Industrie-Design saniert. Dafür gab es sogar eine Auszeichnung. Dann kam im Juli 2021 die Flutkatastrophe an der Ahr, die Apotheke wurde von den Wassermassen zerstört.

Aufgeben? Für Linda Reeves keine Alternative. Doch der Reality-Check war hart: Das Erdgeschoss komplett verwüstet, das Laborfenster eingedrückt, Schaufenster zerstört. Und überall Schlamm. Im Keller, in dem der Kommissionierautomat und der Tresor mit wichtigen Unterlagen stand, war komplett überflutet. Kurz: Sämtliches Inventar, alle Arzneimittel und Apothekenprodukte waren nicht mehr zu retten.

Ein großer Schock, aber Linda Reeves war immer für ihre Kunden erreichbar, bestellte Medikamente bei anderen Apotheken, die liefern konnten. Im Krisenmanagement wuchs sie über sich hinaus. Als Zwischenmiete nutze sie Räume der lokalen Zeitung – mit Sondergenehmigung. Der Weg zurück in ihre Apotheke war lange unsicher, am Ende gaben die Statiker grünes Licht. Und heute? Steht sie wieder hinterm Tresen ihrer eigenen Apotheke am Ahrtor.

Dr. Harald Pudritz

…ist nicht nur Apotheker, sondern engagiert sich auch ehrenamtlich für die Johanniter-Soforthilfe. Und er geht dahin, wo die Not am größten ist. Zum Beispiel nach Mosambik, als vor drei Jahren ein Zyklon das Land beutelte.

Soforthilfe? Ja, das ist genau so: Der Münchener Apotheker muss sich innerhalb von Stunden entscheiden, ob er für einen Noteinsatz um die halbe Welt fliegt. In diesem Fall hieß das: Drei Stunden Bedenkzeit. Und dann stieg er ins nächste Flugzeug.

Die Auslands- und Soforthilfe der Johanniter gibt es seit fast 60 Jahren. Dr. Pudritz gehört dem Emergency Medical Team (EMT) an – zusammen mit Ärzten, Notfallsanitätern, Rettungsassistenten und Logistikern. Sie alle sind auf schnelle Auslandseinsätze im Katastrophenfall spezialisiert.

Wer sich für einen solchen Einsatz entschieden hat, agiert sehr professionell. Ein Rucksack mit den wichtigsten Utensilien steht immer griffbereit, Inhalt: Das Equipment für zwei Wochen Notfalleinsatz, Sicherheitsschuhe mit Stahlkappen inklusive. Wenn das Handy schweigt, arbeitet er als Teamleiter im Zystostatikalabor der Krankenhausapotheke an der Uni München.