Präzisions-Medizin: Individuelle Tabletten aus dem pharmazeutischen 3D-Drucker
Dr. Julian Quodbach von der Uni Düsseldorf für 1A-Award nominiert
Einfach verstehen
Der Wettbewerbsdruck bei der Herstellung von Arzneimitteln hat zu sehr effizienten Herstellungsverfahren, vereinheitlichten Prozessen und einem großen Output geführt. Auf der anderen Seite verbessert die moderne Medizin die Behandlungsmöglichkeiten durch maßgeschneiderte Medikationen. Das heißt: „One size fits all“ geht nicht. Ganz individuell erstellte Medikationen aus dem 3D-Drucker könnten eine Lösung sein.
Einfach machen
Dr. Julian Quodbach, Apotheker und Habilitand am Institut für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität, ist von dieser Möglichkeit seit Jahren fasziniert. Er forscht mit seinem Team an einer optimalen Umsetzung der individuellen Arzneimittelherstellung, auch in einem Modelprojekt.
Stichwort Präzisionsmedizin. Im Fokus stehen Arzneimittel unterschiedlicher Dosierungen für individualisierte Kleinst- und Kleinchargen. Hintergrund: Medikamente, die individuell auf die Bedürfnisse der Patienten zugeschnitten sind, haben eine erhöhte Wirksamkeit und in der Regel geringere Nebenwirkungen.
Was sich auf den ersten Blick anhört wie aus einer anderen Welt, hat sehr reale Anwendungsgebiete. „Gerade bei hochwirksamen Medikationen kommt es auf die exakte Dosierung im Milligramm-Bereich an, um die richtige Wirkung zu erzielen“, erklärt Dr. Quodbach. „Das kann eine Standardproduktion nicht.“ Auch in der Geriatrie hätten maßgeschneiderte Medikationen aus dem 3D-Drucker eine echte Zukunft. „Dann könnten mehrere Wirkstoffe in eine Tablette verdruckt werden und ältere Menschen müssten am Tag nicht mehr eine Vielzahl Tabletten nehmen, sondern vielleicht nur noch drei oder vier. Das würde zu einer Verbesserung der Compliance führen.“
Wie kann man denn überhaupt Minitabletten aus dem 3D-Drucker produzieren? Basis ist ein pharmazeutischer Schmelzextruder, in dem die Ausgangssubstanzen für die Medikamente vermischt und aufgeschmolzen werden. Im Extruder werden pharmazeutische Wirkstoffe unter anderem mit bioresorbierbaren Polymeren – also Kunststoffen, die der Körper abbauen kann – verarbeitet und aufgeschmolzen. Zusätzlich wird ein neu zu entwickelndes Drucksystem für die Herstellung oraler Darreichungsformen wie zum Beispiel Tabletten entwickelt.
„Unser Augenmerk liegt darauf, ein absolut homogenes Gemisch herzustellen, das den Qualitätsstandards der Arzneimittelherstellung entspricht und jederzeit reproduzierbar ist. Insbesondere die Produktion von Medikamenten mit sehr geringer Wirkstoffdosierung ist dabei die Herausforderung“, sagt Dr. Julian Quodbach. Das Labor für Fertigungssysteme der TH Köln entwickelt das neue Drucksystem, das etwa 100 Tabletten pro Stunde produzieren kann.
Einfach einfach
Wenn alles perfekt läuft, könnten schon in den nächsten Jahren 3D-Drucker in Krankenhäusern und Apotheken stehen. Damit würden Apotheker einzigartige Präparate herstellen, genau abgestimmt auf den Patienten. Das Projekt wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) noch bis November 2021 gefördert.
Der Nominierte
Dr. Julian Quodbach kommt aus einer Apotheker-Familie bei Köln, hat selbst Pharmazie studiert und als Apotheker gearbeitet. Seit 2015 forscht er an der Universität Düsseldorf zum Thema „pharmazeutischer 3D-Druck“. Er ist verheiratet und hat einen Sohn.